FEHLGEBURT • ABORT
Eine Fehlgeburt (Abort) bezeichnet das Ende einer Schwangerschaft noch bevor das Kind lebensfähig ist.
Definition
Ein Spontan-Abort oder eine Fehlgeburt bezeichnet den Verlust des Kindes (Embryo oder Fetus) bis zu einem Gewicht von 500 g. Dies entspricht ungefähr der 24. Schwangerschaftswoche (SSW).
- Embryo wird das Kind bis zur 12. SSW genannt.
- Fetus wird das Kind ab der 12. SSW genannt.
- Frühabort bezeichnet man den Verlust des Embryos bis zur 12. SSW.
- Spätabort bezeichnet man den Verlust des Fetus von der 12. bis zur 24. SSW bzw. wenn das Gewicht unter 500 Gramm liegt.
Eine Fehlgeburt in der Frühschwangerschaft ist ein häufiges Ereignis. Wissenschaftliche Studien zeigen, dass 10 – 20% aller Schwangerschaften in einer Fehlgeburt vor der 20. Schwangerschaftswoche enden. 80% dieser Fehlgeburten passieren in der Embryonalperiode, also in den ersten 12 Schwangerschaftswochen.
Aber die wirkliche Rate an Fehlgeburten ist noch viel höher. Denn die meisten Fehlgeburten passieren, wenn die betroffenen Frauen noch gar nicht wissen, dass sie schwanger sind. Diese Schwangerschaften werden oft nur als Unregelmäßigkeit im Menstruationszyklus wahrgenommen. Eine Studie zeigte, dass insgesamt 30% aller angelegten Schwangerschaften in eine Fehlgeburt münden.
Formen von Fehlgeburten
Drohende Fehlgeburt • Abortus imminens
Bei Frauen mit vaginaler Blutung und/oder Unterbauchschmerzen in der Frühschwangerschaft, aber ohne andere Schwangerschaftsprobleme wird die Diagnose drohende Fehlgeburt (Abortus imminens) gestellt. Der Gebärmutterhalskanal ist geschlossen und die Gebärmutter ist der Größe der Schwangerschaft entsprechend. Im Ultraschall kann eine Embryoanlage festgestellt werden. Falls die Schwangerschaft alt genug ist, kann auch eine Herzaktion beim sich entwickelten Embryo festgestellt werden. In den meisten Fällen von drohender Fehlgeburt hört die Blutung nach einigen Tagen wieder auf und die Schwangerschaft kann ohne Schwierigkeiten fortgesetzt werden. In seltenen Fällen kann die Blutung stärker werden und zu einer wirklichen Fehlgeburt führen.
Fehlgeburt im Gange • Abortus incipiens
Dies bezeichnet das Zustandsbild einer beginnenden Fehlgeburt (Abortus incipiens) bzw. einer Fehlgeburt im Gange, die nicht mehr aufgehalten werden kann. Der Gebärmutterhals ist eröffnet, die Blutung stark, Bauchkrämpfe sind meistens vorhanden.
Inkomplette Fehlgeburt • Abortus incompletus
Eine inkomplette Fehlgeburt (Abortus incompletus) liegt dann vor, wenn bereits das meiste Schwangerschaftsgewebe ausgestoßen wurde, jedoch ein Teil in der Gebärmutter verblieben ist. Typischerweise wird der Embryo bzw. der Fetus ausgestoßen aber Teile des Mutterkuchens verbleiben noch in der Gebärmutter.
Komplette Fehlgeburt • Abortus completus
Falls eine Schwangerschaft komplett aus der Gebärmutter ausgestoßen wird und keine Reste in der Gebärmutter verbleiben, wird dies als komplette Fehlgeburt (Abortus completus) bezeichnet. Üblicherweise passiert dies lediglich vor der 12. Schwangerschaftswoche. Nach der Fehlgeburt kann es trotzdem zu Blutungsepisoden und Unterbauchschmerzen kommen, die jedoch ohne weitere medizinischer Intervention wieder aufhören. Eine Ultraschalluntersuchung bestätigt die klinische Diagnose.
Verhaltene Fehlgeburt • Missed Abortion
In manchen Fällen kommt es vor, dass sich eine Schwangerschaft anfänglich scheinbar normal entwickelt und bereits eine Embryonalanlage im Ultraschall festgestellt werden kann, aber dann der Embryo abstirbt. In diesen Fällen spricht man von einer verhaltenen Fehlgeburt (missed Abortion). Das Ultraschallbild ist charakteristisch, man sieht einen Embryo ohne Herzaktion.
Septische Fehlgeburt • Abortus febrilis
Manche schwangeren Frauen mit einer Fehlgeburt entwickeln eine Infektion in der Gebärmutter. Dies wird als septische Fehlgeburt (Abortus febrilis) bezeichnet. Symptome beinhalten Fieber, Schüttelfrost, Unwohlsein, abdominale Schmerzen, vaginale Blutung und vaginaler Ausfluss.
Wiederholte Fehlgeburt • Abortus habitualis • rezidivierender spontaner Abort (RSA)
Die wiederholte Fehlgeburt (Abortus habitualis) wird auch als rezidivierender spontaner Abort (RSA) bezeichnet. Diese ist als spontane Fehlgeburt vor der 20. Schwangerschaftswoche bei 3 oder mehr aufeinander folgenden Schwangerschaften von demselben Partner definiert. Das Bild der wiederholten Fehlgeburt findet sich bei 0,5 bis 2% aller klinischen Schwangerschaften. Falls eine Ursache für wiederholte Fehlgeburten gefunden wird, kann diese in den meisten Fällen entweder durch eine Operation oder durch medikamentöse Therapieverfahren behoben werden. Bei 50% aller betroffenen Patientinnen lässt sich keine unmittelbare Ursache für die wiederholten Fehlgeburten finden. Bei diesen Patientinnen kann eine empirische Therapie trotzdem zu einer Erhöhung der Lebendgeburtenrate führen.
Ursachen
Häufig kommt es vor, dass Schwangerschaften genetisch oder physiologisch falsch angelegt sind und schon vor der 12. SSW absterben. Ursachen dafür können sein:
- Chromosomenstörungen (Chromosomenaberrationen)
- Embryonale Entwicklungsdefekte
Doch kann eine Vielzahl von Faktoren zu einer Fehlgeburt führen und es ist schwierig mit Sicherheit einen Grund für eine bestimmte Fehlgeburt herauszufinden. Mehrere Ursachen kommen in Frage: So kommt es z.B. bei einem Drittel aller Fehlgeburten vor der 8. SSW dazu, dass sich nur die Fruchtblase entwickelt aber kein Embryo darin (gestörte Schwangerschaft). In anderen Fällen kann es sein, dass sich der Embryo vorerst normal zu entwickeln scheint, dieser dann aber abstirbt (missed Abortion). Eine Ursache dafür können Fehler in der Erbanlage (chromosomalen Anlage) sein.
Bei einer großen Studie wurde gezeigt, dass 41% aller Fehlgeburten auf Fehler in der Erbanlage (chromosomale Abnormitäten) zurückzuführen sind. In manchen Fällen sind aber auch Krankheiten der Mutter wie z.B. Blutzuckerkrankheit oder anatomische Varianten im Bereich der weichlichen Geschlechtsorgane an einer Fehlgeburt Schuld. Besonders zu erwähnen sind z.B. gutartige Tumore in der Gebärmutter (Myome), die zu einer Fehlgeburt führen können. Weiters können aber auch Hormonprobleme oder Gerinnungsstörungen des Blutes eine Fehlgeburt verursachen.
Risikofaktoren
Einige Risikofaktoren für Fehlgeburten sind bekannt.
Alter
Ältere Frauen haben ein höheres Risiko für eine Fehlgeburt als junge Frauen.
Anzahl der vorangegangenen Schwangerschaften
Das Risiko für eine Fehlgeburt steigt bei Frauen die bereits vor dieser Schwangerschaft schwanger waren. Frauen mit 2 oder 3 Schwangerschaften in der Anamnese haben ein höheres Risiko für eine Fehlgeburt.
Vorangegangene Fehlgeburt
Frauen die bereits eine vorangegangene Fehlgeburt haben, haben ein erhöhtes Risiko für eine Fehlgeburt in der Zukunft. Das Risiko für eine Fehlgeburt nach einer vorausgegangenen Fehlgeburt beträgt 20%, nach zwei Fehlgeburten 28% und steigt auf 43% nach drei oder mehr Fehlgeburten an. Im Vergleich dazu hat eine Frau nach einer normalen Schwangerschaft nur ein Fehlgeburtsrisiko von lediglich 5 %.
Rauchen
Nikotinabusus von mehr als 10 Zigaretten pro Tag ist mit einem erhöhten Risiko für eine Fehlgeburt vergesellschaftet.
Alkohol
Ein vermehrter Alkoholkonsum verursacht eine erhöhte Rate an Fehlgeburten. Prinzipiell sollten Frauen mit Kinderwunsch bzw. Frauen in der Schwangerschaft gar keinen Alkohol trinken.
Fieber
Eine erhöhte Temperatur von über 37,5 Grad Celsius in der Frühschwangerschaft scheint ein leichter Risikofaktor für eine Fehlgeburt zu sein.
Trauma
Ein Schlag auf den Uterus in der Frühschwangerschaft kann ein Risiko für eine Fehlgeburt darstellen.
Koffein
Übertriebener Koffein-Konsum ist mit einem erhöhten Fehlgeburtsrisiko vergesellschaftet.
Andere Ursachen
Andere Ursachen für Fehlgeburten beinhalten bestimmte Infektionen, bestimmte Medikamente, Röntgenstrahlung und diverse Umweltgifte.
Symptome
Das häufigste Anzeichen (Symtome) einer Fehlgeburt ist eine vaginale Blutung und Unterbauchschmerzen in der Frühschwangerschaft. Diese Probleme sollten immer von einer Frauenärztin ⚤ abgeklärt werden. Oft kommen jedoch auch Blutungen und Unterbauchschmerzen in normalen Schwangerschaften vor. Meistens ist es so, dass Schwangere mit Blutungen und/oder Unterbauchschmerzen (Drohenden Fehlgeburt · Abortus imminens) danach einen ganz normalen Schwangerschaftsverlauf aufweisen. Eine Behandlung mit einem Gelbkörperhormon (Progesteron) kann erwogen werden. Bei Frauen, bei denen in der Schwangerschaft einmal eine kindliche Herzaktion festgestellt wurde, haben eine Chance von 90% ihrer Schwangerschaft erfolgreich auszutragen.
Diagnose
In manchen Fällen ist eine Fehlgeburt bereits aufgrund der beschriebenen Symptome und der klinischen Untersuchung evident. In vielen Fällen ist es jedoch notwendig eine Ultraschalluntersuchung durchzuführen um die Lebensfähigkeit bzw. den Zustand der Schwangerschaft beurteilen zu können.
Ultraschall
Bei Frauen mit einer kompletten Fehlgeburt (Abortus completus) sieht man keine Schwangerschaftsanlage mehr in der Gebärmutter, bei allen anderen Patientinnen sind noch Teile bzw. die ganze Schwangerschaft in der Gebärmutter vorzufinden.
Kindliche Herzaktion
Ungefähr 6 Wochen nach dem ersten Tag der letzten Regel kann eine kindliche Herzaktion im Ultraschall dargestellt werden. Dies entspricht ungefähr einer Größe des Embryos von 5 mm. Falls bei dieser Größe oder bei größeren Embryonen keine Herzaktion dargestellt werden kann, entspricht diese der oben angeführten sogenannten verhaltenen Fehlgeburt (Missed Abortion).
Behandlung
Sobald die Diagnose Fehlgeburt gestellt wird, muss man sich die weitere Behandlung überlegen. Dabei muss der Zustand der Mutter und die Größe des Kindes berücksichtigt werden. Vor allem ist aber der Wunsch der betroffenen Patientin ausschlaggebend. Die 3 prinzipiellen Möglichkeiten sind: Beobachtung (keine Therapie), medikamentöse Therapie oder chirurgische Therapie (Kürettage • Curettage).
Beobachtung
In manchen Situationen brauchen Frauen mit einer Fehlgeburt keine weitere Behandlung. So braucht z.B. bei Frauen mit einer kompletten Fehlgeburt (Abortus completus) lediglich zugewartet werden, bis die Beta-HCG-Serumspiegel null sind.
Medikamentöse Therapie
In manchen Fällen kann betroffenen Frauen eine medikamentöse Therapie verabreicht werden, um die Schwangerschaftsprodukte aus der Gebärmutter auszustoßen. Dies dauert in den meisten Fällen jedoch mehrere Tage.
Chirurgische Therapie · Kürettage · Curettage
Die konventionelle Therapie für eine frühe Fehlgeburt ist eine kleine Operation namens Curettage. Dabei wird der Gebärmutterhals aufgedehnt und das Schwangerschaftsprodukt aus der Gebärmutter in den meisten Fällen mit einem Sauger entfernt. Die Saugcurettage (durch Absaugung) ist einer konventionellen Curettage (mittels Ausschabung) bezogen auf Komplikationen und nachfolgenden Schwangerschaften überlegen. Wie bei jeder Operation kann es auch bei dieser Operation Komplikationen geben, jedoch ist die Wahrscheinlichkeit für Komplikationen gering und beträgt um die 1%. Komplikationen können ein Durchstoßen (Perforation) der Gebärmutter sein, sowie eine inkomplette Operation, das heißt, dass weitere Schwangerschaftsprodukte in der Gebärmutter zurückbleiben. In diesem Fall muss eine nochmalige Operation durchgeführt werden.
Verhalten nach einer Fehlgeburt
Nach einer Fehlgeburt wird Frauen empfohlen für 4 – 6 Wochen keinen Geschlechtsverkehr zu haben, kein Vollbad zu nehmen, keine Tampons zu verwenden und nicht schwimmen zu gehen. Eine Kontrolle bei der Fachärztin ⚤ ist nach 4 – 6 Wochen zu empfehlen. Normalerweise wird geraten mindestens 2 – 3 Monate nach der Fehlgeburt zu warten, bevor man wieder versucht schwanger zu werden. Einige Studien haben jedoch kein erhöhtes Risiko für folgende Schwangerschaften gefunden, wenn dieser Zeitraum nicht eingehalten wird.
Jegliche Verhütungsmethode inklusive einer Spirale kann sofort nach der Fehlgeburt begonnen werden. Bei Frauen mit Rhesusfaktor negativ ist bei einer Fehlgeburt eine Impfung (Rhesus-Prophylaxe) für zukünftige Schwangerschaften notwendig, um die Bildung von irregulären Antikörpern, die sich auch gegen die roten Blutkörperchen des Embryos richten können, zu verhindern.
Der seelische Aspekt nach einer Fehlgeburt
Eine Fehlgeburt ist eine seelisch-traumatische Erfahrung. Zusätzlich zu dem Verlust der Schwangerschaft fürchten viele Frauen für die Zukunft, nicht wieder schwanger werden zu können. Trauer und Verlust gehören zum Trauerprozess und sind normal. Wut, Selbstbeschuldigung, Schuld- und Schamgefühle und Depressionen können aber auch Teil des Trauerprozesses sein und müssen erkannt und im wahrsten Sinne des Wortes zur Sprache gebracht werden. In diesem Zusammenhang kann es hilfreich sein, diese Erfahrungen und Gefühle in einer Selbsthilfegruppe oder in unserer BABYOU Community mit anderen Betroffenen zu teilen oder psychologische Hilfe zu suchen.
Es ist aber auch eine gewisse Zeit, sowohl für die physische als auch für die seelische Heilung notwendig, bevor eine erneute Schwangerschaft angestrebt wird.
Wiederholte Fehlgeburt • Abortus habitualis • rezidivierender spontaner Abort (RSA)
Die wiederholte Fehlgeburt (Abortus habitualis) wird auch als rezidivierender spontaner Abort (RSA) bezeichnet. Diese ist als spontane Fehlgeburt vor der 20. Schwangerschaftswoche bei 3 oder mehr aufeinander folgenden Schwangerschaften von demselben Partner definiert. Das Bild der wiederholten Fehlgeburt findet sich bei 0,5 bis 2% aller klinischen Schwangerschaften. Falls eine Ursache für wiederholte Fehlgeburten gefunden wird, kann diese in den meisten Fällen entweder durch eine Operation oder durch medikamentöse Therapieverfahren behoben werden. Bei 50% aller betroffenen Patientinnen lässt sich keine unmittelbare Ursache für die wiederholten Fehlgeburten finden. Bei diesen Patientinnen kann eine empirische Therapie trotzdem zu einer Erhöhung der Lebendgeburtenrate führen.
Autor • Prim. Univ.-Doz. Dr. med. Lukas Hefler
Redaktionelle Bearbeitung • Mag. Ingrid Lechinger
Stand der Information • März 2019